Last updated on 27. September 2021
Sie streiten sich, sie bekämpfen sich, können aber nicht voneinander lassen.
Wenn man sich die ständigen politischen Streitigkeiten innerhalb der NATO anschaut, fragt man sich irgendwann einmal, “warum, verdammt noch mal, hat sich die NATO noch nicht aufgelöst?” Da gibt es die ewige Feindschaft zwischen der Türkei und Griechenland, in der auch schon mal Schüsse fallen. Dann sind da die Differenzen zwischen der US-Regierung und der zivilen Regierung der Türkei. Erdogan hatte man geschickt in den Angriff gegen Syrien einbezogen, indem man ihm einen Teil vom Kuchen versprach. So hatte er die Grenzen für Terroristen und Waffen geöffnet, und schließlich den Nordosten des Landes besetzt. Dort, wo sich die schlimmsten der schlimmen Terroristen verschanzt haben, und unsere Regierung die “humanitären Hilfen” ausbezahlt. Aber es kollidierten die Interessen der USA, welche durch die Kurden das Land spalten wollten, mit den Interessen Ankaras, das Kurden als Terroristen betrachtet und in keinem Fall einen von ihnen geführten Staat an seinen Grenzen dulden will. Was dann unter anderem zu einem Militärputsch führte und als Reaktion zum Kauf von Luftabwehrsystemen Russlands durch die Türkei, was dann wiederum die USA mit Sanktionen beantwortete.
Und nun sind es die Franzosen, die in die Röhre schauen. Jahrelang war man mit den Australiern im Geschäft, um dort U-Boote zu liefern. Dabei wurde extra das Atom-U-Boot-Design Frankreichs geändert, um den Anforderungen Australiens nach konventionellen Antrieben nachzukommen. Aber plötzlich storniert Australien die Aufträge und bestellt nun Atom-U-Boote in den USA. Wie manche Analysten sagen, aus Angst vor den USA.
Und dann schauen wir uns an, warum die NATO sich überhaupt in Richtung Osten vergrößert hat. Nun, Voraussetzung für einen EU-Beitritt und in Aussicht gestellte Wunderzahlungen aus Brüssel (gegen billige Arbeitsplätze und große neue Märkte) gab es nur, wenn die Länder sich den “sicherheitspolitischen Gegebenheiten” anpassten, d.h. im Klartext, Mitglied oder mindestens Verbündeter der NATO wurden. Im Mittelpunkt der NATO-Mitgliedschaft steht natürlich die Rüstungsbeschaffung. Allen voran liefern die USA, gefolgt von den großen EU-Führungsnationen und Großbritannien.
La famiglia
Vielleicht kann man die NATO am Besten mit einer Mafia-Familie vergleichen. Der Capo, also die USA haben alles fest im Griff. Wer aus der Reihe tanzt, wie z.B. Olof Palme, der schwedische Ministerpräsident, hat leider ein zu kurzes Leben, um die Ausbreitung der Familie zu verhindern. Allerdings hatte die Beseitigung eines aufmüpfigen Untercapos durch einen Militärputsch nicht geklappt, was zeigt, dass die Macht nicht mehr unumschränkt ist.
Trotzdem wagt dieser, also Erdogan, nicht, aus der Familie auszutreten, obwohl er schon lange mit einer anderen Liebesbeziehung angebandelt hat und ständig bei ihr, der SCO, gesehen wird. Und so fühlt er sich doch stark genug, um schon mal andere Untercapos mit Waffen zu bedrohen, wenn sie es wagen, ihn auf die Einhaltung von Regeln zu überprüfen, wie im Fall von Libyen, was die dann lieber zurückzucken lässt.
Die Hauptrüstungslieferanten tun natürlich alles, um ein wichtiges Mitglied der Familie zu halten. Denn verlässt er die Familie, wird er anderweitig seine Bomben kaufen, und für seine Sicherheit bezahlen.
“Regelbasierte Ordnung”
Verlassen wir das Beispiel der Mafia-“Familie”. Schauen wir uns die Geopolitik im Zeitalter nach der Bombardierung Serbiens durch die NATO an: Von da an existiert nur noch das Recht des Stärkeren! UNO ist nur noch ein Theater, Menschenrechte wurden längst durch “regelbasierte Normen” ersetzt und entscheidend ob man seine Interessen durchsetzt ist, wie viel Geld und Militär man hat, und wie skrupellos man mit seinem Einsatz ist.
Und das ist auch der Grund, warum Deutschland unbedingt seine Rüstungsausgaben verdoppeln will. In je mehr Krisen man militärisch eingreifen kann, umso mehr wirtschaftliche Vorteile können sich für die eigene Großindustrie ergeben, desto treuer sind die großen Unternehmen, weil sie sich beschützt und unterstützt fühlen. Und wenn das wieder mal in die Hose geht, wie in Afghanistan, versucht man eben einen 180°-Schwenk und statt mit Soldaten, mit Euros einen Einfluss zu gewinnen oder zu erhalten. Wie im Mittelalter, werden Politiker eben nur durch Kriege zwar nicht zu “Eroberern”, aber zu überall gefragten wichtigen Politikern. Ein Beispiel dürfte der m.E. Massenmörder Kissinger sein, oder die Mitglieder der Bush-Regierung, die 7 Länder in 5 Jahren besiegen wollten, jede Menge Angriffskriege führten und trotzdem nicht im Gefängnis sitzen.
Trotz immer größerer Rüstungsaufwendungen der einzelnen Länder sind aber Einzelgänge heute nicht mehr möglich. Das sieht man an dem erfolglosen aber desaströsen Krieg gegen Afghanistan ebenso, wie an dem zwar noch nicht ganz erfolglosen, aber gescheiterten Krieg gegen Syrien und den Jemen.
Die Zeitenwende
Hinzu kommt, dass still und heimlich ein Wendepunkt in der Geschichte eingetreten ist. Nach dem Afghanistan-Krieg, dem fehlgeschlagenen Krieg Saudi-Arabiens als Regional-Capo der USA gegen den Jemen, nach dem Hissen der Flagge Russlands in Mali usw. stellen die Strategen der NATO fest, dass sie an immer mehr Stellen der Welt zurückgedrängt werden.
Die bedingungslose Nichteinmischungspolitik Chinas, verbunden mit einem exportfähigen, bewiesenermaßen erfolgreichen Wirtschaftssystem, mit dem Armut in kurzer Zeit ausgelöscht werden kann, mit Jahrhundertinvestitionen in die neue Seidenstraße, welche den Anliegern Wohlstand für Jahrzehnte sichert, und China dankbare Abnehmer von Produkten, lassen China für nicht felsenfest im Westen bzw. in der NATO verankerten Gesellschaften attraktiver erscheinen, als die alten Kolonialmächte und das Imperium.
Das diplomatische Geschick Russlands, verbunden mit einer großen Zuverlässigkeit und strikten Einhaltung von Vereinbarungen, verbunden mit einer ständigen Deeskalationsstrategie wiederum lassen immer mehr Rufe laut werden nach einer größeren Rolle in der Schlichtung von Konflikten.
Und so sieht die Familie sich nicht nur an den Grenzen ihres Wachstums, sondern auch in Gefahr, dass sich die zivilen Gesellschaften der NATO umorientieren könnten, hat man einmal die “Familie” verlassen. Das das auch notwendig sein wird, ergibt sich aus der Tatsache, dass die NATO wie kein anderes Bündnis keine Skrupel hat zu bombardieren, um politische Forderungen durchzusetzen. Und so rücken sie dann doch zusammen, die Untercapos, auch wenn sie mosern und hinter vorgehaltener Hand, oder manchmal sogar öffentlich, über den großen Capo maulen. Und dabei alle auf den Moment lauern, dass der Capo stolpert und fällt. Jeder will dann mit der größtmöglichen Beute nach Hause gehen.
Die Kanonenbootdiplomatie
Und so beteiligt sich auch Deutschland an der längst überwunden geglaubten Kanonenbootpolitik gegen China und schickt eine in die Jahre gekommene Fregatte ins Chinesische (!) Meer und die Politiker glauben, so Einfluss und Macht bewahren zu können. Wie einfältig und dumm. Als ob das moderne China jenes Kaiserreich sei, was einst britische “Kanonenboote” zwangen, den Import von Opium zuzulassen, damit die wertvollen Exportgüter Chinas wie Seide und Porzellan bezahlt werden konnten. China hat aus der Geschichte gelernt. Das kann man deutlich daran erkennen, wie flexibel die chinesische Führung in den letzten Jahrzehnten reagierte. Und wir können sicher sein, dass sie Erniedrigungen wie während der Opiumkriege nicht wieder zulassen werden.
Aber da die Politikbestimmer an der Heimatfront gegenüber Kritikern die absolute Oberhand haben, und gemeinsam mit den Medien die Realitäten erschaffen, egal wie absurd sie sind, können sie eben weiter tun, was der Konsens von Geld und Politik beschließt. Die große Frage, die man sich allerdings stellen muss, ist, was passiert, wenn der Capo, also die USA, in Überschätzung ihrer Fähigkeiten glauben, eine Beschränkung ihrer Mafiapraktiken nicht hinnehmen zu dürfen. Wenn sie nicht nur durch kleine Terrorakte, sondern durch eine große Provokation die konkurrierende Philosophie Chinas und Russlands, also die einer multipolaren Welt, eindämmen wollen. Dann wird die “Klimakrise” das geringste Problem sein.
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