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Menschen mit Mut – Frank Höfer von NuoViso

Heutzutage kann man es sich kaum vorstellen, dass es Zeiten gegeben hat, in denen es keine alternativen TV-Formate im Internet gab. Frank Höfer aus Leipzig, der Gründer des erfolgreichen Senders NuoViso hatte im Jahr 2005 eine zukunftsweisende Idee, denn heute ist es gar nicht mehr wegzudenken, dass es TV-Portale im Internet gibt, die Informationen und Inhalte präsentieren, die in den Massenmedien ausgelassen, als zu schwierig angesehen oder nur oberflächlich behandelt werden. Damit hat er sich nicht nur Freunde gemacht. Doch das stört ihn wenig. Meinungsfreiheit ist und war ihm wichtig und dafür ist ein freier Debattenraum nötig. Egal, wie schwer es alternativen Sendern inzwischen gemacht wird: Höfer bleibt kreativ und fokussiert sich auf das, was möglich ist, um diesen freien Debattenraum zu erhalten oder immer wieder neu zu schaffen. 

Christiane Borowy: Herr Höfer, Sie waren seit Gründung von YouTube (2005) einer der ersten, die über das Internet Inhalte angeboten haben, die eine Alternative zu den Inhalten in den Mainstream-Medien darstellten. Wie findet YouTube, eine Tochter des digitalen Giganten Google, Ihre Inhalte?

Das weiß ich nicht. Ich glaube, Google interessiert sich nicht wirklich für die Inhalte von NuoViso. Die Zusammenarbeit mit YouTube verlief jahrelang sehr kooperativ und positiv. Der Wandel der Zeit hat allerdings zu immer verschärfteren Community-Richtlinien geführt, weshalb eine Zusammenarbeit heute kaum noch möglich ist. YouTube (Google) nimmt sich das Recht heraus, Inhalte willkürlich zu löschen. Von daher wird NuoViso zukünftig wohl nicht mehr nur auf der größten Plattform zu finden sein, sondern dafür verteilt auf viele kleinere. 

YouTube hat im Jahre 2019 einen Jahresumsatz in Höhe von 15 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Haben Sie von dem Geld für Ihre Inhalte etwas abbekommen?

Ja, weil wir unsere Videos auch monetarisiert haben. Es scheint so zu sein, dass YouTube, die Videos, bei welchen Werbung zugelassen wird, besonders hervorhebt und selbst für Reichweite sorgt. Solange wir dieses Tool zur Verfügung hatten, haben wir das natürlich genutzt. Die Umsätze durch YouTube Werbung investieren wir wieder in unser Programm, welches wir daran anpassen, was uns eben durch Werbeeinnahmen und Spendengeldern zur Verfügung steht. Ich bin YouTube dankbar für die Möglichkeiten, die uns dieser Konzern bisher bot. Ohne YouTube hätte NuoViso nicht diesen Erfolg erzielen können, den wir bisher damit erreicht haben. Im Oktober 2020 wurden wir bei YouTube allerdings mit Restriktionen sanktioniert. Im Resultat haben wir viel Reichweite eingebüßt. Dies hat natürlich auch finanzielle Folgen.

Wenn Sie damit kein Geld verdienen können: Was hat Sie motiviert, sich dennoch mit „heiklen Themen“ zu beschäftigen?

Die Motivation entstand bei mir ja bereits unmittelbar nach den Anschlägen des 11. Septembers. Ich habe bis zum Jahre 2005 regelrecht auf so eine Möglichkeit wie YouTube gewartet. Als es diese dann gab, habe ich nicht gezögert, den Film „Unter falscher Flagge“ zu produzieren. Ich hatte damals keine Profitinteressen, weil ich zeitgleich einer Beschäftigung beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) als Film- und Videoeditor nachgegangen bin. Das hat zum Leben gereicht. Heute ist die Situation etwas anders. Aus NuoViso ist eine Firma mit Angestellten erwachsen. Ich selbst arbeite seit 2009 nicht mehr beim Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk. Natürlich muss man dann auch auf die Finanzen blicken, weil man nicht mehr nur für sich selbst verantwortlich ist.

Ist es gelungen, das Publikum auf den Zweitkanal NuO7 umzuleiten?

Als unser Hauptkanal quasi unbenutzbar geworden ist, haben wir unser Publikum auf unseren anderen Kanal Nuo7 umgeleitet. Das hat sehr gut geklappt – allerdings ist das ja aber auch keine Alternative zu YouTube, wenn man es dort einfach nur auf einem anderen Kanal hochlädt. Wir haben auch andere Sachen ausprobiert. Sonst gut geklickte Sendungen wie „TACHELES“ haben wir zum Beispiel exklusiv auf unserer Webseite angeboten. Das Ganze haben wir dann auf allen sozialen Medienkanälen mit Trailern beworben. Fazit: Wir konnten über diesen Weg nicht einmal mehr 10% der sonst üblichen Zuschauerzahlen erreichen. Es wird also noch eine ganze Weile dauern, bis sich wirkliche Alternativen zu YouTube durchgesetzt haben. Es geht gar nicht um technische Lösungen dabei, sondern vor allem um die Reichweite. Dadurch, dass diese bei kritischen Kanälen immer mehr eingeschränkt wird, wird natürlich auch der Debattenraum verengt.

Wie schafft man es, nicht daran zu verzweifeln und seinen Mut zu behalten, wenn der Debattenraum immer mehr verengt wird und die eigene Arbeit als „rechtsoffen“, „esoterisch“ und „verschwörungsideologisch“ verbrämt wird?

Ganz ehrlich, Ich verstehe nicht, wieso ich mutig sein soll, nur weil ich es mir erlaube meine Meinung zu publizieren. Ich habe bisher außer die Entfernung meiner digitalen Hinterlassenschaften noch keinerlei persönliche Restriktionen gegen mich erlebt. In früheren Regimes war die freie Meinungsäußerung tatsächlich ein mutiger Akt – sowohl in der DDR als auch im Dritten Reich. Man musste um Freiheit oder Leben bangen. Heute setzt man seinen YouTube-Kanal, seinen Job oder gute Freundschaften aufs Spiel – schlimm genug zwar, aber dennoch bin ich froh, in einem doch recht humanen Despotismus zu leben, wo ich wenigstens noch die Auswirkungen meines Schaffens lebendig und in Freiheit miterleben darf. Wenn in mir Verzweiflung hochkommt, zu derer es Anlässe en masse gäbe, dann vergegenwärtige ich mir genau das. Ein ähnliches Prinzip wendet der Historiker Daniele Ganser an. Er gibt den Rat, sich stets vor Augen zu halten, dass ein undichtes Dach meistens ein größeres Problem darstellt als jenes, welches man gerade hat. Das klingt banal, aber es funktioniert tatsächlich. Ganz nach dem Motto: Es könnte schlimmer sein.

Sind Sie momentan mit der alternativmedialen Gesamtsituation zufrieden?

Überhaupt nicht. Es stellt sich heraus, dass diese Bewegung noch in den Kinderschuhen steckt. Es ist ein Dilemma. Denn damit sich überhaupt ein alternatives Portal neu gründet, bedarf es jemanden, der das macht. Dieser jemand ist in der Regel jemand, der nicht besonders obrigkeitshörig ist und sich nur ungern unterordnet. Diese Charaktereigenschaft bringt alternative Geister und Querdenker hervor, welche eine Gesellschaft schon immer vorangebracht haben. Allerdings verhindert diese Charaktereigenschaft auch einen größeren Zusammenschluss von Freidenkern. Diese tauchen immer nur temporär auf, wie 2014 bei der Mahnwachen-Bewegung oder 2020 bei den so genannten „Querdenkern“. Der starke Individualismus und Drang nach Freiheit innerhalb der Bewegung ist Stärke und Schwäche zugleich. Ein gegeneinander Ausspielen durch äußere Protagonisten wird dadurch oft erst möglich. Alternative Medien werden sich weiterentwickeln und ohne die Hilfe der Großkonzerne wie Google und Facebook auskommen müssen. Das wird geschehen, aber wahrscheinlich erst mit der neuen Generation, die bereits im YouTube-Zeitalter aufgewachsen ist.

Gibt es eigentlich auch mal Momente, in denen Sie denken: Verdammt, ich hau es hin. Viel zu anstrengend, lohnt sich nicht die Mühe. Ich habe meinen Beitrag geleistet?

Nein. Überhaupt nicht. Je frustrierender die Situation, desto mehr bin ich motiviert, noch mehr herauszuholen. Als YouTube zum Beispiel den NuoViso Kanal sperrte, habe ich mich dazu entschieden, meinen Plan eines NuoViso-Printproduktes zu verwirklichen. Und genau in diesem Moment lerne ich Daniel Haas kennen – einen begnadeten Comiczeichner. Ich habe mich einfach nicht mehr auf den YouTube-Frust fokussiert, sondern auf die Fertigstellung eines Printcomics, von dem ich keinerlei Ahnung hatte, ob und wie er bei unserem Publikum ankommt. Diese Arbeit hat mich bereichert und erfüllt. Der Comic war ein voller Erfolg. Was will man mehr? Es kommt nur auf den Fokus an.

Das Richtige zu wissen, und es nicht zu tun ist das größte Maß an Feigheit, heißt es. Würden Sie gemessen daran von sich sagen, dass Sie ein mutiger Mensch sind?

Als ich mich 2007 entschloss, einen Film über die Ungereimtheiten von 9/11 zu machen und gleichzeitig ankündigte meinen sicheren Job beim MDR aufgeben zu wollen, um zukünftig über YouTube „Verschwörungsfilme“ (mein damaliges wording) zu vertreiben, sagte niemand zu mir: „Das ist aber ganz schön mutig von Dir.“ Man erklärte mich eher für verrückt und riet mir, dass ich mir das noch einmal ganz genau überlegen sollte. Wenn es also an irgendeinem Punkt wirklich eine mutige Entscheidung gebraucht hat, dann diese, sich über den Rat von Familie, Freunden und Kollegen hinweg zu setzen und meinen eigenen Weg zu gehen. Ansonsten betrachte ich die Arbeit mit NuoViso nicht als mutig, sondern vielmehr als befreiend. Ich frage mich vielmehr, wie es so vielen meiner früheren Kollegen gelingt, ihrerseits den Mut aufzubringen, sich täglich im Spiegel zu begegnen.

Mutig heißt nicht unbedingt, angstfrei zu sein. Mutige Menschen vertrauen laut Psychologen nur mehr auf ihr Können. Auf welche Ihrer Fähigkeiten vertrauen Sie am meisten in Krisenzeiten?

Ich glaube, mir gelingt es einigermaßen, den Überblick zu behalten. Worauf kommt es jetzt wirklich an? Auf diese Frage finde ich in den meisten Situation schnell die passende Antwort.

Man hört oft, dass Angst lässt einen Menschen wachsen lässt, oder dass man Frustration in Faszination verwandeln kann. Inwiefern würde dies zu Ihnen passen?

Aus Frustration kann man eine Menge Energie gewinnen und wenn man in der Lage ist, seinen Fokus zu kontrollieren, kann daraus sehr viel kreatives Potential entstehen. Dieses muss man dann nur noch freisetzen. Die Faszination entsteht dann am Ende, wenn man seine Schöpfung betrachtet und sich gewahr wird, aus welcher Emotion heraus diese geboren wurde.

Haben Sie schon eine alternativmediale Vision für die Zukunft?

Ich denke, wir werden es in Zukunft mit einem noch deutlich vielfältigeren Medienangebot zu tun bekommen. Die bisherigen Medienmonopolisten fürchten um ihre Meinungshoheit. Nur deshalb wird gelöscht und zensiert, wo es nur geht. Eine objektive Berichterstattung findet kaum noch statt. Medienhäuser berichten nach einem hausinternen Narrativ. Was von einem Autor der Jungen Freiheit verlangt wird, wäre bei der TAZ ein Kündigungsgrund (und wahrscheinlich umgedreht). Ich rechne mit einem Niedergang der etablierten Mainstreammedien. Diese werden nicht verschwinden, aber ihr Einfluss wird schwinden.  Heutzutage kann jeder im Eigenverlag publizieren oder im Internet mit wenig Budget eine eigene Nachrichtensendung mit zig Tausend Zuschauern gestalten. Die unzähligen Medienangebote führen letztlich dazu, dass wir uns alle voneinander entfernen. Gespräche über den „Tatort“ am Abend zuvor gibt es heute kaum noch, weil den eben keiner gesehen hat. Gemeinsame Gesprächsgrundlagen schwinden dadurch auch. Vor diesem Hintergrund lässt sich heute schwer sagen, wohin die Reise geht. Ich versuche auch, nicht allzu weit nach vorne zu blicken, sondern viel mehr im Hier und Jetzt zu agieren.

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