Last updated on 28. Februar 2021
Auch wenn manche abgestumpft durch die hochgepuschte Angst einer Ansteckung durch ‚Corona‘ es in den hintersten Winkel ihres Gefühlslebens verdrängt zu haben scheinen: Berührung und Umarmung ist ein zutiefst menschliches Bedürfnis, ja Notwendigkeit!
Noch nach langen „tapferen“ Wochen habe ich versucht, diesen Mangel nicht zur Kenntnis zu nehmen. Als Single in Berlin lebend, sind mir gerade mal zwei Freundinnen geblieben, die die Angst noch nicht ins völlige Abseits getrieben hat. Jede Art von Nähe und Menschlichkeit scheint auf der Strecke zu bleiben, wenn man mal von dem „angeblichen“ Schutz absieht, der für diese Art Verhalten immer wieder vorgeschoben wird.
Was wäre mit all den Paaren (denen man „Umarmungen“ verbieten würde), würden sie freiwillig auf Berührung verzichten, weil die Politik es für sicherer hält? Ein wahrscheinlich absurder Gedanke: vielleicht sollten alle ängstlichen Partner einer Beziehung den Sex auf Monate verweigern: dann würde wahrscheinlich ein Großteil der Menschen auf die Barrikaden gehen, und das Ende der Pandemie ausgerufen. (Ich erinnere an die mythische Geschichte des „Krieges der Amazonen“ – in Großbritannien wurde vor einigen Wochen tatsächlich empfohlen, sich nur noch mit Maske sexuell zu betätigen.
Wie dem auch sein. Mir wurde jedenfalls immer bewusster, wie sehr meine psychische Verfassung unter diesem Mangel an „körperlichem“ Kontakt (dabei spreche ich von freundschaftlich herzlicher Umarmung!) regelrecht ausgehöhlt wurde. Eine innere Erschütterung, die ich lange geheim gehalten habe. Bis die Angst der Anderen für mich immer absurdere Züge annahm: mich nicht mehr „indoor“ (in Englisch klang es wohl nicht ganz so ‚ablehnend‘) treffen, oder eine Pause bis ….., einhalten zu wollen. Oder noch absurder: ein Zentimetermass beim Sitzen auf 1,50 m anzulegen, ob das geforderte Mass auch eingehalten wird. Das ist keine Fiktion, sondern zeigt, wie gesteigertes Angstpotential in ausgewachsenen Menschen ins (fast) Absurde abdriftet.
Auf die Frage, wie es mir geht, antworte ich inzwischen wahrheitsgemäß: ICH VERMISSE UMARMUNGEN, was genauso regelmäßig ausweichende Verunsicherung oder Sprachlosigkeit hervorruft. Die Vereinsamung bei vielen Singles greift um sich. Irgendwann verzichtete ich lieber auf Begleitung mit tiefsitzender Nähephobie, um ja nicht irrtümlich einen Arm, eine Schulter zu berühren.
(Christine Müller, Berlin)
Bildnachweis: Symbolbild / shutterstock © OneLineStock.com
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