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Aus dem Nähkästchen (einer Verschwörungsschwurblerin) geplaudert

The making of “22.17 Minuten Sendedauer im Radio”

Hinweis: Die Überschrift sowie der nachfolgende Text enthalten Spuren von Ironie, die allein durch die optischen Hervorhebungen auch für all jene erkennbar sein sollten, die Ironie ohne Hinweise nicht mehr erkennen.

Der Weg zu einem Radio-Feature ist aufwendig. Am Beispiel meines ersten Beitrags bei Radio München möchte ich mal deutlich machen, wieviel Arbeit hinter so einer kurzen Fake-News-Sendung steckt. Drei Pflegekräfte einer bayrischen Klinik berichten aus ihrem Klinikalltag.

Der Aufwand für eine derartige Produktion wird natürlich entsprechend honoriert – von Putin, Nazi-Gruppen und anderen finsteren Kräften. Diese wollen volksschädigende Propaganda an die Öffentlichkeit bringen und scheuen dafür keine Kosten und Mühen mithilfe von Verschwörungsschwurblerinnen wie mir. Aber dazu später mehr.

Es begann damit, dass ich eine Pflegerin einer Klinik in Bayern interviewen sollte. Der Kontakt wurde über eine gemeinsame Bekannte aus einer dieser antisemitisch-terroristischen Widerstandsgruppen auf Telegram hergestellt. Ich bin in diesen Gruppen am Rande mit dabei, um halbwegs am Laufenden zu bleiben, was sich außerhalb meines dörflichen Idylls so tut. Das kostet natürlich auch bereits Zeit, die sich aber nicht quantifizieren lässt.

Inklusive Terminvereinbarung, Abstimmung und Interview fielen für das erste Interview rund 1,5 Stunden Zeit an. Über dieses Erstgespräch entstand der Kontakt zu einem weiteren Mitarbeiter dieser Klinik – auch hier waren es rd. 1,5 Stunden Aufwand. Gleiches gilt für meine dritte Gesprächspartnerin aus diesem Haus. Gesamtaufwand für die Interviews also ca. 4,5 Stunden. Aber mit mehreren Mitarbeitern aus dieser Klinik zu sprechen war in meinen Augen notwendig, um die Aussagen der Beteiligten auch gegeneinander abzugleichen und auf Richtigkeit zu prüfen. Wenn schon Fake-News-Produktion dann richtig. Da kann man sich an unseren Freunden vom Mainstream ein Beispiel nehmen.

Zwei der Gespräche wurden dann durch eine Freundin von mir transkribiert, um möglichst reale Zitate zu erhalten und – zugegebenermaßen – meinen Aufwand für die Texterstellung zu reduzieren. Der Aufwand dieser üblen rechten Propagandistin dafür lag bei ca. 8 Stunden. Beim dritten Gespräch reichte meine Mitschrift.

Den Bericht selbst zu schreiben, nahm ca. 5 Stunden in Anspruch – inkl. der Überarbeitungen, weil einem beim Lesen natürlich diese oder jene Formulierung so nicht mehr gefällt. Umformulieren und Schleifen gehört nun mal dazu. Das größte Problem war es aber bei diesem Text, die drei Interviews in eine Struktur zu bringen, die für Leser – bzw. Hörer – interessant ist und dabei nicht durch Wiederholungen von Aussagen zu langweilen. Auf keinen Fall darf die Verschwörungsschwurblerei langweilig rüber kommen – sonst verfehlt sie ja ihre Wirkung bei den Leugnerm und -innen. Und das geht ja gar nicht.

Dem folgte das Lektorat, das eine weitere ideologisch fragwürdige Freundin von mir rund 1 Stunde Lebenszeit kostete.

Kontaktaufnahme zur Radio München Redaktion, die ganz sicher auch im rechten Lager verortet ist – ein wenig Mailerei, ein wenig Telefonie. Da ging für die Radio-Redakteurin und mich sicher je 1/2 Stunde drauf – in Summe also 1 weitere Stunde.

Dank der Transkriptionen war es relativ leicht für mich, die für die Sendung gewünschten O-Töne in den Aufzeichnungen zu finden. Trotzdem saß ich gut 1,5 Stunden, um aus den drei Gesprächen, die meines Erachtens interessantesten Zitate herauszufiltern, die keinen Hinweis auf den Arbeitgeber enthielten, um die Anonymität zu wahren. Bei der Produktion von Fake-News muss man genau darauf achten, nicht als Fake-News-Quelle identifiziert zu werden.

Das Ausschneiden und akustische “Verpixeln” der 10 O-Töne bedeutete wieder 2 Stunden Zeit für einen lieben Freund bei der frischen Sicht – und das Gesamtwerk dieser übelsten volksschädlichen Propaganda konnte an die Radio-Redaktion übergeben werden.

Mein Artikel musste nun “radiofähig” gemacht, in Sprecher- und Moderatorentexte aufgeteilt, O-Töne passend eingestreut werden. 1,5 fallen da locker an. Ich durfte bzw. musste nochmals gegenlesen – und wieder 0,5 Stunden Zeit investiert. Also kamen insgesamt weitere 2 Stunden Aufwand auf dem Weg zur Sendung hinzu,die aber durch Spenden aus dem volksschädigenden Propaganda-Umfeld großzügig abgegolten werden.

Der organisatorische Aufwand für die Abstimmung mit Sprechern und Moderatoren, die allesamt der terrornahen Verschwörungsschwurbler und -innen-Szene zuzuordnen sind,ist mit 0,5 Stunden zwar nicht hoch, die Aufzeichnung bedeutete aber für alle drei Beteiligten je eine Stunde, der Schnitt knapp drei Stunden, sodass hier 6,5 Stunden Aufwand anfielen, bis die finale Sendung zur Verfügung stand.

1 Stunde war dann noch erforderlich, diese Sendung inklusive Begleittext auf alle Kanäle zu stellen. Schließlich muss Propaganda ja glaubwürdig verpackt werden.

32 – in Worten Zweiunddreißig Stunden, die investiert werden mussten, um 22,17 Minuten lang zu informieren, also “Verschwörungstheorien zu verbreiten”, “Fake News zu produzieren” oder “dumm rum zu schwurbeln”.

Dass alle Beteiligten das ehrenamtlich und unbezahlt machen, sei am Rande ebenfalls erwähnt, ist aber vermutlich eine weitere völlig unglaubliche Verschwörungstheorie.Ich warte auch immer noch auf die Gelder aus Russland für meine Mitarbeit an der Friedensfahrt Berlin-Moskau 2016. Putin wird echt nachlässig.

Wir haben ja alle nichts Besseres zu tun, als unsere Freizeit unbezahlt mit politischer Aufklärungsarbeit – pardon hochbezahlt mit politischer Propaganda – zu verbringen und uns dafür anpöbeln – ähm feiern –zu lassen.

Abschließend zur Sicherheit nochmals betont: Es handelt sich hier um einen “Two-in-One” Artikel. Ich wollte als freie Journalistin endlich auch mal einen Mainstream-gerechten Artikel schreiben.

Ist mir das geglückt? Feedback willkommen!

PS. Die erwähnte Radio-Sendung findet man hier:

Der Artikel erschien – in Schriftform – heute auch im Magazin Rubikon. So steht diesen 32 Stunden Aufwand vielleicht doch ein halbwegs vertretbarer Nutzen entgegen.

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